Antwort – 1922

In Italiano – Risposta (1922)

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Antwort
Pablo Picasso, Porträt von Dora Maar oder Dora Maar sitzend, Öl auf Leinwand (92 × 65 cm, 1937)

Antwort

Erstveröffentlichung im Corriere della Sera vom 4. Februar 1912. Keine wesentlichen Varianten.

aus dem Italienischen von Michael Rössner

Na, du hast dich schön ausgetobt, mein Freund!

Es ist ja wirklich zu beklagen, daß du deine angeborene Neigung überwinden mußtest und dich nicht den Musen widmen konntest. Wieviel Wärme liegt doch in deinem Ausdruck, und mit welch durchsichtiger Klarheit stellst du einem mit wenigen Strichen lebendig Orte, Geschehnisse und Menschen vor Augen!

Du bist schmerzlich berührt, du bist gekränkt, mein armer Marino; und ich möchte nicht, daß diese meine Antwort deinen Kummer und deine Verärgerung noch steigert. Aber du willst, daß ich dir offen darlege, was ich von deinem Fall halte. Ich werde es tun, damit du zufrieden bist, obwohl ich weiß, daß du damit nicht zufrieden sein wirst.

Ich folge meiner eigenen Methode, wenn du gestattest. Ich werde zuerst kurz den Tatbestand darlegen, dann werde ich mit der von dir gewünschten Offenheit meine Meinung dazu sagen.

Also schön der Reihe nach.

 I – PERSONEN, UMSTÄNDE UND HINTERGRÜNDE

a) Fräulein Anita. – Sechsundzwanzig Jahre (sie sieht gerade wie zwanzig aus, na schön, aber es sind doch sechsundzwanzig und auch schon ein bißchen drüber). Braunhaarig; nachtschwarze Augen:

In ihren Augen fängt sich
die tiefe Nacht…

Korallenlippen, na sei’s drum.

Aber die Nase, mein Freund? Du erzählst mir nichts von der Nase. Bei den Braunhaarigen gilt’s zu allererst auf die Nase zu schauen. Ganz besonders auf die Nasenflügel.

Ich bin sicher, bei Fräulein Anita steht die Nase ein bißchen auf. Nein, ich sage nicht, daß sie häßlich ist; sprechen wir ruhig von einem Näschen. Aber es steht ein bißchen auf. Und die Nasenflügel sind eher fleischig, sie blähen sich stark, wenn sie die Zähne zusammenpreßt, wenn sie mit den Augen ins Leere starrt und aus der Nase einen langen, langen, stillen Seufzer herauspreßt.

Hast du gemerkt, wie ihre Augen sich verschleiern und die Farbe wechseln, wenn sie einen dieser stillen Seufzer herauspreßt?

Sie hat viel gelitten, das Fräulein Anita, weil sie sehr klug ist. Sie war wohlhabend, solange ihr Vater lebte. Nun, da der Vater gestorben ist, ist sie arm. Und sechsund­zwanzig Jahre. Aufstehende Nase und nachtschwarze Augen.

Gehen wir weiter.

b) Mein Freund Marino.- Vierundzwanzig Jahre, um zwei Jahre weniger als Fräulein Anita, die freilich immerhin wie gerade zwanzig aussehen mag.

Arm ist auch er; auch er väterlicherseits ein Waisenkind. Das ist etwas recht Trauriges, aber Teures, wenn man es mit einer geliebten Person teilt. Zwei Schicksale, wie für einander bestimmt.

Aber mein Freund Marino, arm und Waisenkind, wie er nun einmal ist, hat die Mutter und eine Schwester zu erhalten. Waisenkind und arm, wie sie ist, hat Fräulein Anita ebenfalls eine Mutter, aber sie muß sie nicht erhalten.

Um die Erhaltung der Mutter kümmert sich der Commendatore Ballesi.

Mein Freund Marino haßt natürlich diesen Commendatore Ballesi.

Ein Hitzkopf ist er freilich, und das Herz geht ihm leicht über. Reden kann er wie kein zweiter, und seine Sprache ist bildreich, faszinierend, wie der Blick seiner schönen blauen Augen. Sagen wir: Mein Freund Marino ist der Tag, das Fräulein Anita ist die Nacht. Er hat die Farbe der Sonne in seinem blonden Haar und das Blau des Himmels in den Augen; in ihren Augen stehen zwei Sterne, in ihren Haaren wohnt die Nacht. Na, ich meine, da ich schon einmal mit einem Dichter spreche, kann ich mich wohl nicht besser ausdrücken als auf diese Weise.

Gehen wir weiter.

Von der Not zur Klugheit gezwungen, kann mein Freund Marino es sich einfach nicht erlauben, sich unter den gegenwärtigen Umständen (die freilich noch eine geraume Weile andauern werden), die Last einer weiteren Frau aufzuhalsen, und muß deshalb gerade die Last liegen lassen, die ihn am wenigsten beschweren würde.

Es mag sogar sein, daß diese dritte Last ihm das Gewicht der anderen beiden leichter erscheinen ließe, die er sich nicht vom Halse schaffen kann – aber daran würde er niemals wagen auch nur zu denken.

Manche Leute freilich meinen eben, zu dritt lebt sich’s auf dem Rücken eines armen Menschen nicht so bequem und in gutem Einvernehmen. Und der gute Marino – von der Not zur Klugheit gezwungen – muß das anerkennen.

c) Der Commendatore Ballesi.- Ein alter Freund des Seligen ist er; will sagen, von Anitas Vater. Sechsundsechzig Jahre. Zart und von kleinem Wuchs; spindeldürre Beinchen, aber mit mächtigen Absätzen bewehrt. Ein dicker Kopf, ein dicker, herabhängender Schnurrbart, unter dessen Vorhang nicht nur der Mund, sondern gleich auch das Kinn verschwindet, falls man sagen kann, daß der Commendatore Ballesi tatsächlich ein Kinn besitzt. Buschige, stets gerunzelte Augenbrauen, und meistens einen Finger in der Nase. Dieser Finger denkt. Auch die Haare der Augenbrauen denken. Er ist überhaupt geradezu eine geladene Kanone aus Gedanken, der gute Commendatore Ballesi. Das finanzielle Schicksal des neuen Italien liegt in seinen winzigen, eisenharten Fäusten.

Nun, kein Mensch weiß wie oder warum, plötzlich ist der Commendatore Ballesi auf die Idee verfallen, er müsse seine väterliche Liebe zu Fräulein Anita in eine Liebe anderer Art verwandeln. Und er hat um ihre Hand angehalten.

Fräulein Anita hat mehrere Taschentücher zerrissen, mit den Händen und mit den Zähnen. Nein, das war nicht Ärger, das war Scham, Abscheu, Grauen. Die Mamma hat geweint. Warum hat die Mamma denn geweint? Nun, vor Freude, sagte sie. Vor Freude – gut, geben wir einmal zu, daß man auch vor Freude weinen kann – aber vor Freude weint man ein bißchen, und dann lacht man wieder. Fräulein Anitas Mamma jedoch hat sehr viel geweint, und sie lacht gar nicht mehr. Honni soit qui mal y pense.

Und damit gehen wir zur letzten Figur.

d) Nicolino Respi.- Dreißig Jahre, muskulös und athletisch gebaut, ein berühmt guter Schwimmer und Reiter, Ruderer und Fechter; und dazu schamlos, unwissend wie ein Perlhuhn, ständiger Besucher von Spielhöllen und ein Mädchenheld… Nur weiter, nur weiter, lieber Freund, ich gebe dir ja in allem recht. Ich kenne Nicolino Respi und teile deine Einschätzung und deine Entrüstung. Aber glaube deshalb bitte nicht, daß ich Respi Unrecht gebe.

Ach, ich gebe also dir unrecht? Aber nein. Dem Fräulein Anita? Auch nicht. Ach Gott, so laß mich doch ausreden, laß mich weiter nach meiner Methode vorgehen. Glaub mir doch, lieber Freund, dein Fall ist uralt. Neu, originell, ist daran einzig meine Methode und die Erklärung, die ich dir geben werde.

Aber immer schön der Reihe nach.

 II – ORT UND GESCHEHENSABLAUF

Der Strand von Anzio, im Sommer, in einer Mondnacht.

Du hast mir eine so wunderbare Beschreibung davon gegeben, daß ich mich nicht darauf einlasse, sie nun meinerseits zu beschreiben. Nur ein bißchen zu viel Sterne waren es, mein lieber. Wenn der Mond fast voll ist, sieht man nur sehr wenige. Aber ein Dichter kann sich auch einmal über diese Dinge hinwegsetzen, die zum Bereich der Tatsachen gehören. Ein Dichter kann auch dann die Sterne sehen, wenn sie nicht zu sehen sind, und umgekehrt kann er viele andere Dinge nicht sehen, die alle anderen sehen können.

Der Commendatore Ballesi hat eine kleine Villa am Strand gemietet, und Fräulein Anita ist mit ihrer Mamma ans Meer gefahren.

Der Commendatore hat viel in Rom zu tun, er fährt ständig hin und her. Nicolino Respi ist ständig in Anzio, zum Baden und zur Spielen in den Casinos: Jeden Morgen im Wasser und jeden Abend am grünen Tisch stellt er seine Fähigkeiten zur Schau.

Fräulein Anita muß die Glut ihrer Entrüstung kühlen, und deshalb geht sie besonders oft ins Wasser. Sicherlich kann sie es nicht mit Nicolino Respi aufnehmen, aber dennoch ist sie eine tüchtige Schwimmerin, und so schwimmt sie eines Morgens mit ihm um die Wette immer weiter hinaus. Sie schwimmen und schwimmen. Alle Badegäste verfolgen gespannt vom Strand aus dieses Wettschwimmen, zuerst mit freiem Auge, dann mit Feldstechern.

Nach einer gewissen Zeit will die gute Mamma nicht mehr hinsehen; sie beginnt zu zittern und zu bangen. O Gott, o Gott, wie wird ihre Tochter es jetzt schaffen, von so weit draußen wieder zurückzuschwimmen? Sicher werden ihre Kräfte nicht ausreichen… O Gott, o Gott! Wo ist sie nur? Mein Gott, so weit draußen… man kann sie gar nicht mehr sehen… Man muß sofort Hilfe schicken, um Himmelswillen! Ein Boot, ein Boot! Hilfe, sofort Hilfe!

Und sie erregt sich so sehr und redet so lange, bis schließlich zwei junge Burschen heldenhaft in ein Ruderboot springen und hinausrudern.

Ein glücklicher Einfall! Denn kaum sind die beiden losgerudert, da befällt Fräulein Anita ein Krampf im Bein, sie schreit auf; Nicolino Respi schwimmt mit zwei Schwimmstößen an ihre Seite und stützt sie; aber Fräulein Anita ist der Ohnmacht nahe und klammert sich verzweifelt an seinen Hals; Nicolino sieht sich verloren; gleich wird er mit ihr untergehen; und in seinem Zorn darüber, beißt er sie wütend in den Hals, um sich zu befreien. Da läßt Fräulein Anita los und treibt unbeweglich auf den Wellen. Nun kann er sie über Wasser halten, aber auch seine Kräfte gehen zu Ende, als endlich das Boot eintrifft. Die Rettung ist gelungen.

Nur laboriert Fräulein Anita nun über eine Woche lang an den Folgen des Bisses von Nicolino Respi.

Ja, das sind eben bleibende Eindrücke, mein lieber Marino!

Mehrere Tage hindurch kann Fräulein Anita bei jeder Bewegung des Halses nicht leugnen, daß Nicolino Respi einen kräftigen Biß hat. Und gegen diesen Biß kann sie nichts haben, denn sie verdankt ihm schließlich ihre Rettung.

Nun, all das ist tatsächlich nur die Vorgeschichte.

Obwohl – vielleicht auch nicht. Es ist Vorgeschichte und auch wieder nicht. Denn alles hängt davon ab, wie man die Tatsachen voneinander trennt.

Als du, mein lieber Marino, in dieser wundervollen Mondnacht in Anzio ankamst, im Herzen tiefste Verzweiflung, um noch ein letztes Mal unter vier Augen mit dem bereits offiziell mit dem Commendatore Ballesi verlobte Fräulein Anita zu sprechen, da trug sie am Hals noch die Bißspuren von Nicolino Respi.

Deiner eigenen Aussage nach folgte sie dir willig über den ganzen Strand, war bereit, sich mit dir in den menschenleeren Sandflächen zu verlieren, die sich bis zu dem großen sandverkrusteten Felsen dort ganz unten hinziehen. Ihr beide im Mondschein, Arm in Arm, berauscht von der Meeresbrise, eingelullt von dem ständigen gedämpften Rollen der silbrigglänzenden Gischtwellen.

Was hast du ihr da erzählt? Ja, ich weiß schon, von deiner ganzen Liebe und deiner ganzen Qual; und da hast du ihr vorgeschlagen, gegen den schamlosen Antrag dieses alten Ekels zu rebellieren und lieber deine Armut anzunehmen.

Sie aber, lieber Freund, von deinen Worten entflammt, verstört, zerrissen, sie konnte deine Armut nicht annehmen; dagegen wollte sie – das sehr wohl – deine Liebe annehmen und sich dadurch im vorhinein, noch an diesem selben Abend, für den schamlosen Übergriff des Alten rächen, der sich als richtiger Wucherer an ihr für seine lange erwiesenen Wohltaten schadlos halten wollte.

Du aber warst ehrenhaft, du warst edel genug, diese Rache nicht zuzulassen.

Freilich, lieber Freund, ich glaube dir ja: Du wirst davongelaufen sein wie ein Verrückter. Aber dem Fräulein Anita, das an diesem Abend allein auf dem Strand, im Schatten des Felsens, zurückgeblieben war, dem Fräulein Anita erschienst du nicht als Verrückter, das kann ich dir versichern, als du da im Mondlicht haltlos den Strand entlang davonliefst. Anita erschienst du als Dummkopf und Feigling.

Und leider, lieber Marino, leider genoß an diesem Abend auf diesem Felsen still und leise – dank seiner leeren Taschen – diesen schönen Mondschein – und dann auch das Schauspiel deines Davonlaufens – noch einer: Nicolino Respi, der mit dem Biß und der Rettung aus dem Meer.

Und ihm genügten ein paar Worte und ein kurzes Lachen von dort oben:

“So ein Trottel, was, Signorina?”

Und damit sprang er von dem Felsen herunter.

Dir blieb wenig später die Befriedigung, zusammen mit dem Commendatore Ballesi, der spät im Auto aus Rom eingetroffen war, im Mondschein Nicolino Respi Arm in Arm mit Fräulein Anita zu erwischen.

Auf dem Hinweg du, auf dem Rückweg er. Was ist süßer, der Hinweg oder der Rückweg?

Und nun, mein Freund, kommen wir zu dem originellen Punkt der Sache.

III – ERKLÄRUNG

Du, mein lieber Marino, meinst, eine gräßliche Enttäuschung erlebt zu haben, weil du plötzlich Fräulein Anita als eine ganz andere erlebt hast, ganz anders als die, die du kanntest, als die, die sie für dich war. Nun bist du ganz sicher, Fräulein Anita sei doch eine ganz andere gewesen.

Na sehr gut. Eine andere war Fräulein Anita mit Sicherheit. Nicht nur; sie war viele, sehr viele andere, mein Freund, wenigstens so viele, als Leute sie kennen und als sie Leute kennt. Weißt du, worin dein Grundirrtum besteht? Darin, daß du glaubst, wenn sie auch eine andere sei – wie du meinst -, oder viele andere – wie ich meine -, dann könnte sie deshalb nicht dennoch auch weiterhin die sein, die du in ihr gekannt hast.

Fräulein Anita ist die, und eine andere, und auch viele andere, denn du wirst mir doch zugeben, daß die, die sie für mich ist, nicht dieselbe sein kann, die sie für dich ist, die sie für ihre Mutter ist, die sie für den Commendatore Ballesi ist, und für all die anderen, die sie kennen, jeder auf seine Weise.

Nun sieh einmal: Jeder, so wie er sie kennt, gibt ihr – das stimmt doch? – eine Wirklichkeit. So viele Wirklichkeiten also, mein Lieber, daß sie “wirklich” – und nicht nur sozusagen – dafür sorgen, daß Fräulein Anita eine für dich, eine für mich, eine für ihre Mutter, eine für den Commendator Ballesi, und so weiter, ist. Und dabei hat doch jeder von uns die Illusion, die wahre Anita wäre nur die, die er kennt. Und auch sie hat natürlich diese Illusion, ja sie vor allem, die Illusion, sie wäre immer und für alle dieselbe.

Weißt du, woher diese Illusion stammt, lieber Freund? Nun, einfach daher, daß wir alle guten Glaubens davon überzeugt sind, in jeder unserer Handlungen wären wir stets ganz präsent; aber leider ist dem nicht so. Das merken wir freilich nur, wenn wir durch irgend einen unglückseligen Zwischenfall plötzlich an einer unserer Handlungen hängen bleiben, festgenagelt an einer einzigen der vielen, die wir Tag für Tag setzen; dann merken wir sehr wohl, daß wir nicht zur Gänze in dieser einen Handlung stecken, und daß es eine grauenhafte Ungerechtigkeit wäre, uns nur nach dieser einen Handlung zu beurteilen, uns an ihr festzunageln, an ihr aufzuhängen, ihretwegen an den Pranger zu stellen, für unsere ganzes Erdenleben, als ließe sich dieses in dieser einzigen Handlung zusammenfassen.

Nun, genau diese Ungerechtigkeit bist du eben im Begriff, Fräulein Anita gegenüber zu begehen, mein Lieber.

Du hast sie in einer anderen Wirklichkeit überrascht, als du sie ihr zu geben gewohnt warst, und nun bist du bereit zu glauben, ihre wahre Wirklichkeit sei nicht die schöne, die du ihr früher zugedacht hattest, sondern nur diese häßliche, in der du sie zusammen mit dem Commendatore Ballesi ertappt hast, als sie mit Nicolino Respi von dem Felsen zurückspazierte.

Es ist kein Zufall, lieber Freund, daß du mir nichts von dem aufstehenden Näschen des Fräuleins Anita erzählt hast!

Dieses Näschen gehörte nicht dir. Das war nicht das Näschen deiner Anita. Dein waren die nachtschwarzen Augen, das leidenschaftliche Herz, die feinsinnige Intelligenz dieses Mädchens. Nicht aber dieses kühn aufstehende Näschen mit den eher fleischigen Nasenflügeln.

Dieses Näschen erbebte noch immer, wenn es sich an den Biß Nicolino Respis erinnerte. Dieses Näschen wollte seine Rache haben für den widerlichen Übergriff des alten Commendatore Ballesi. Du hast ihm nicht erlaubt, diese Rache mit dir zu verwirklichen, also hat das Näschen sich dafür Nicolino geholt.

Wer weiß, wie viel nun diese nachtschwarzen Augen weinen, wie stark dieses leidenschaftliche Herz blutet, wie sehr sich diese feinsinnige Intelligenz gegen ihr Schicksal auflehnt – ich meine, all das, was an ihr dir gehört.

Ach, glaube mir, lieber Marino, für sie war der Hinweg zum Felsen mit dir viel süßer als der Rückweg von dort mit Nicolino Respi.

Du wirst dich wohl bereit finden müssen, nachzugeben, und es dem Commendatore gleichzutun, der – du wirst schon sehen – Anita verzeihen und sie doch noch heiraten wird.

Aber verlange bitte nicht, daß sie nur eine einzige sein und ganz dir gehören soll. Sie wird ganz und gar ehrlich eine einzige und ganz für dich sein; und zugleich eine andere für den Commendatore Ballesi, und das nicht weniger ehrlich. Denn es gibt nicht nur ein einziges Fräulein – oder nur eine einzige Frau – Anita, lieber Freund.

Das ist vielleicht nicht schön, aber es ist nun einmal so.

Und bitte, sieh zu, daß Nicolino Respi mit seinen gefletschten Zähnen diesem aufstehenden Näschen keinen zweiten Besuch abstattet.

© Michael Rössner.

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