Der Freudensprung – 1913

In Italiano – La rallegrata (1913)

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Der Freudensprung
Eugene Delacroix, (1798-1863), Pferd im Sturm tobt, 1825

Erstveröffentlichung in Corriere della Sera vom 26. Oktober 1913. Keine wesentlichen Varianten.

aus dem Italienischen von Michael Rössner

Der Freudensprung

Kaum war der Stallmeister, noch heftiger fluchend als gewohnt, fortgegangen, wandte sich Fofo an Nero, seinen Nachbarn an der Futterkrippe, der neu war, und seufzte:

“Ich habe verstanden! Schabracken, Schleifen und Federbüsche. Na, du fängst gut an, mein Lieber! Heute ist es erster Klasse.”

Nero wandte den Kopf nach der anderen Seite. Er schnaubte nicht, denn er war ein wohlerzogenes Pferd. Aber er wollte keine Vertraulichkeiten mit diesem Fofo.

Er kam schließlich aus einem fürstlichen Stall, wo man sich in den Wänden spiegeln konnte. Futterkrippen aus Buchenholz in jeder Box, Messingglöckchen, lederbezogene Querstangen und Pfeiler mit blitzenden Knöpfen darauf.

Tja!

Der junge Fürst, der nun ganz diesen lärmenden Karossen ergeben war, die – Pardon: Gestank – verursachen, aber auch Rauch hinten rausblasen und ganz allein davoneilen, dem genügte es nicht, daß er sich dreimal schon ums Haar damit den Hals gebrochen hätte; gleich nachdem die alte Fürstin von der Lähmung befallen worden war (die hatte ja von diesem Teufelszeug nie etwas wissen wollen, Gott segne sie dafür!), hatte er sich beeilt, ihn und Corbino, die letzten, die im Stall zurückgeblieben waren, um den gemütlichen Landauer der Mutter zu kutschieren, loszuwerden.

Armer Corbino, wer weiß, wo er gelandet war, nach so vielen Jahren ehrenhaften Dienstes!

Der gute Giuseppe, der alte Kutscher, hatte ihnen versprochen, er würde ein gutes Wort für sie einlegen, wenn er zusammen mit den anderen treuen alten Dienstboten der Fürstin, die nun auf ewig an den Lehnstuhl gefesselt war, seine Aufwartung machte, um ihr die Hand zu küssen.

Ach was! Nach der Art zu schließen, mit der der gute Alte, als er wenig später zurückgekehrt war, ihnen den Nacken und die Flanken streichelte, hatten sie einer wie der andere gleich begriffen, daß alle Hoffnung verloren und ihr Schicksal besiegelt war. Sie würden verkauft werden.

Und tatsächlich…

Nero verstand noch immer eigentlich nicht, wo er hingeraten war. Ganz schlecht hatte er es nicht getroffen. Natürlich war es nicht der Stall der Fürstin. Aber ein guter Stall war das hier auch. Mehr als zwanzig Pferde, alle dunkel und alle schon ein bißchen alt, aber gut aussehend, würdig und voll eindruckgebietenden Ernstes. Tja, Ernst hatten sie vielleicht sogar zuviel!

Daß die anderen begriffen, zu welchem Behufe sie hier Dienst taten, da hatte Nero so seine Zweifel. Es schien ihm, als dächten sie alle im Gegenteil ohne Unterlaß darüber nach, ohne doch je auf einen grünen Zweig zu kommen. Dieses langsame Schaukeln der buschigen Schweife, dieses Scharren der Hufe von Zeit zu Zeit… das waren sicher nachdenkliche Pferde.

Nur dieser Fofo war sicher, überaus sicher, er hätte alles ganz und gar verstanden.

Ein vulgäres und eingebildetes Tier!

Ein Militärklepper, nach drei Dienstjahren ausgegliedert, weil – wie er erzählte – ein Rüpel von einem abruzzesischen Kavalleristen ihn zuschanden geritten hatte – und jetzt redete er in einem fort.

Nero, der in seinem Herzen noch großen Kummer über den Verlust seines alten Freundes trug, konnte ihn einfach nicht ertragen. Am ärgsten fand er diese Vertraulichkeit im Umgang, und dann dieses ständige Schimpfen über die Stallgefährten.

Mein Gott, was für eine Lästerzunge!

Von zwanzig Pferden blieb nicht ein einziges verschont! An einem war dies, am anderen jenes auszusetzen.

“Der Schweif… na sieh doch nur mal her, bitte, ob das wirklich ein Schweif sein soll! Ob man so einen Schweif bewegen darf! Welches Feuer, hm?

– Na, das ist das Pferd eines Arztes, das sag ich dir.

– Und da, da drüben, na sieh dir mal diesen hübschen kalabresischen Ackergaul an, mit welcher Grazie er seine Schweinsohren umlegt. Und was für eine herrliche Mähne! Was für eine schöne Kinngrube! Na, der ist auch ziemlich feurig, was meinst du?

– Alle Augenblicke vergißt er, daß er ein Wallach ist, und will es am liebsten mit der Stute da drüben treiben, drei Boxen weiter rechts, siehst du sie? Mit dem Kopf einer alten Mähre, vorne niedrig gebaut, der Bauch hängt ihr fast bis zur Erde.

– Was, das soll eine Stute sein? Eine Kuh ist das, sage ich dir! Und wenn du wüßtest, wie die mit schulmäßigem Tritt marschiert! Sieht aus, als würde sie sich die Hufe verbrennen, wenn sie den Boden berührt. Und dabei heimst sie Schmeicheleien ein, mein Freund, ich sag dir’s! Naja, sie ist noch grün ums Maul. Sie muß noch die Straßenecken abschneiden, stell dir vor!”

Vergeblich zeigte Nero in jeder nur möglichen Weise diesem Fofo, daß er nicht mehr zuhören wollte. Fofo begann immer mehr gegen die anderen zu wüten.

Um ihn zu ärgern natürlich.

“Weißt du, wo wir sind? In einem Transportunternehmen. Da gibt es viele Arten davon. Unseres heißt Bestattungsinstitut.

– Weißt du, was Bestattungsinstitut bedeutet? Es bedeutet, daß man einen schwarzen, seltsam geformten Wagen zieht, sehr hoch, mit vier Säulen, die einen über und über mit Borten, Paramenten und Goldverzierungen geschmückten Baldachin tragen. Mit einem Wort, einen ordentlichen Luxuswagen. Aber das Ganze ist vergeudet, ob du’s glaubst oder nicht! Alles vergeudet, denn einsteigen tut nie einer.

– Nur der Kutscher, todernst, auf den Bock.

– Und es heißt langsam gehen, immer nur im Schritt. Tja, da ist keine Gefahr, daß du schwitzt und sie dich bei der Rückkehr abreiben, oder daß der Kutscher dir je eins mit der Peitsche überzieht oder dich sonst irgendwie antreibt!

– Langsam – langsam – langsam.

– Wo du ankommen sollst, da kommst du immer noch früh genug an.

– Und dieser Wagen – das hab’ ich sehr wohl verstanden – der muß für die Menschen Gegenstand einer besonderen Verehrung sein.

– Wie ich dir schon gesagt habe: niemand will auf ihn aufsteigen. Alle ziehen, kaum daß sie ihn vor einem Haus stehen sehen, so gewisse, angstvolle Gesichter; einige umringen ihn mit brennenden Kerzen; und dann, kaum, daß wir uns in Bewegung setzen, schreitet eine ganze Menge von ihnen mucksmäuschenstill hinterdrein.

– Oft geht vor uns auch noch eine Musikkapelle. Eine Kapelle, mein Lieber, die spielt so eine gewisse Musik, die reißt dir die Eingeweide aus dem Leib.

– Übrigens, hör mal gut zu, du hast die üble Angewohnheit zu schnauben und den Kopf zu sehr hin und her zu werfen. Also diese Mätzchen mußt du dir wieder abgewöhnen. Wenn du schon ohne jeden Grund schnaubst, was wird dann erst sein, wenn du diese Musik anhörst!

– Unser Dienst ist eher ruhig, das bestreitet keiner; aber es braucht Gefaßtheit und Feierlichkeit dafür. Kein Schnauben, kein Scharren. Ist schon mehr als genug, wenn sie dir zugestehen, dann und wann kaum merklich den Schweif hin- und herzubewegen.

– Denn der Wagen, den wir ziehen, ich sag dir’s noch einmal, der ist Gegenstand einer besonderen Verehrung. Du wirst sehen, alle nehmen den Hut ab, wenn sie uns vorüberkommen sehen.

– Weißt du, wann ich begriffen habe, daß es sich um ein Transportunternehmen handeln muß? Ich habe es erschlossen, und zwar aus folgender Geschichte:

– Vor etwa zwei Jahren stand ich mit einem unserer geschlossenen Wagen vor dem großen Eisentor, das unser ständiges Fahrtziel ist.

– Das wirst du noch kennenlernen, dieses große Eisentor! Dahinter sind viele schwarze, spitz aufragende Bäume, die in zwei unendlichen Reihen kerzengerade aufragen, und zu beiden Seiten dieser Bäume wunderschöne grüne Wiesen mit vielen fetten Gräsern – auch verschwendet, denn wehe, wenn du mal im Vorübergehen die Lippen danach ausstreckst.

– Na gut. Ich stand da also still, da kommt plötzlich mein alter Kamerad aus dem Militärdienst neben mich zu stehen, ziemlich schlimm heruntergekommen: er zog, stell dir nur vor, einen eisenbeschlagenen Wagen, einen von diesen langen, niedrigen, ohne Federung. Er sagt zu mir:

– Siehst du mich? Ach Fofo, ich kann nicht mehr!

– “Was hast du für einen Dienst?”, frag’ ich ihn. Und er darauf: “Kistenführen, den ganzen Tag, von einem Transportunternehmen zum Zoll.”

– “Kisten?”, frag’ ich. “Was für Kisten?”

– “Schwere Kisten!”, antwortet er. “Kisten voll mit Zeug, das verschickt werden soll.”

– Das war für mich eine Offenbarung. Denn du mußt wissen, so eine ganz lange Kiste transportieren wir auch. Sie schieben sie ganz sachte (immer alles ganz, ganz sachte) von hinten auf unseren Wagen; und während sie diese Operation vornehmen, entblößen die Leute ringsum das Haupt und blicken ganz verstört. Wer weiß, warum! Aber natürlich, wenn wir auch Kisten führen, dann müssen wir wohl auch ein Transportunternehmen sein, was meinst du?

– Was zum Teufel mag in dieser Kiste drinnen sein? Ein Gewicht hat die, na, das möchte man nicht glauben. Ein Glück, daß wir immer nur eine auf einmal führen.

– Na, sicher ist es auch so ein Zeug, das verschickt werden soll. Was für ein Zeug das ist, weiß ich allerdings nicht. Es scheint aber sehr wertvoll zu sein, denn der Transport geschieht voller Pomp und mit großer Begleitung.

– Nach einer gewissen Zeit bleiben wir meistens (nicht immer) vor einem prunkvollen Bau stehen; das ist vermutlich das Zollamt, das für unsere Transporte zuständig ist. Aus dem Tor kommen so gewisse Leute in einer schwarzen Soutane und mit Hemdchen darüber (das sind, glaube ich, die Zöllner); die Kiste wird vom Wagen heruntergehoben; alle entblößen wieder den Kopf; und die Zöllner zeichnen ihr Laissez-passer auf die Kiste.

– Wo dann das ganze wertvolle Zeug hinkommt, das wir transportieren, das, siehst du, das habe ich noch nicht herausfinden können. Aber ich habe so einen gewissen Zweifel, daß die Menschen das selbst auch nicht so genau wissen, und damit tröste ich mich.

– Natürlich, die prächtige Ausführung der Kisten und der festliche Pomp könnten einen glauben machen, die Menschen müßten etwas über diese Transporte wissen. Aber ich sehe andererseits, wie unsicher und verstört sie sind. Und aus meinem langen Umgang mit ihnen habe ich das gelernt, mein Lieber: die Menschen tun so viele Dinge, ohne auch nur im geringsten zu wissen, weshalb.”

Wie es sich Fofo an jenem Morgen bei dem Fluchen des Stallmeisters ausgemalt hatte: Schabracken, Schleifen, Federbüsche. Im Viergespann. Na, das war wirklich erster Klasse.

“Siehst du? Hab ich’s dir nicht gesagt?”

Nero fand sich neben Fofo an die Deichsel gespannt. Und Fofo fuhr natürlich fort, ihm mit seinen ewigen Erklärungen auf die Nerven zu fallen.

 

Aber an diesem Morgen war Fofo selbst etwas auf die Nerven gefallen: die Unverschämtheit des Stallmeisters, der ihn im Viergespann immer an die Deichsel spannte und nie in den Vorspann nahm.

“Ein Hund ist das! Denn die zwei da vor uns, das weißt du ja, die sind ja nur Komparserie. Ziehen sollen die? Einen Dreck ziehen sie! Wir ziehen allein. Es geht ja so langsam dahin! Na, für die ist das nur ein hübscher Spaziergang in Galaaufmachung, um sich die Beine zu vertreten. Und sieh mal, was für miese Typen mir da vorgezogen werden! Siehst du sie?”

Es handelte sich um die beiden Schwarzen, die Fofo als Arztpferd und kalabresischen Klepper abqualifiziert hatte.

“Dieser miese Kalabreser! Na, den hast zum Glück du vor dir! Na, du wirst’s ja riechen, mein Lieber, du wirst’s schon merken, daß er die Ohren nicht das einzige sind, was er vom Schwein hat, und dann wirst du dem Stallmeister danken, daß er seinem Protektionskind stets die doppelte Ration Hafer gibt. Glück muß man haben in dieser Welt, nicht schnauben! Jetzt schon fängst du damit an? Ruhig halten, den Kopf! He, wenn du dich so aufführst, mein Lieber, dann wirst du dir vor lauter Zügelreißen heute noch ein blutiges Maul holen, das sag’ ich dir. Heute gibt’s auch noch Reden. Na, du wirst sehen, wie schön das ist. Eine Rede, zwei Reden, drei Reden… Einmal hab’ich sogar eine Erste-Klasse-Fahrt mit fünf Reden erlebt! Zum Aus-der-Haut-fahren ist das. Drei Stunden stillstehen, mit diesem ganzen Firlefanz rundherum, der dir den Atem raubt: die Beine gefesselt, den Schweif eingesperrt, die Ohren in zwei Löchern steckend. Was das ist, Reden? Tja! Ehrlich gesagt habe ich da nicht viel Ahnung. Diese Transporte erster Klasse müssen wohl besonders kompliziert sein. Und mit diesen Reden geben sie vielleicht die notwendigen Erklä­rungen dazu. Eine allein genügt nicht, also halten sie zwei. Und zwei genügen nicht, also müssen es drei sein. Manchmal werden sogar fünf gehalten, wie ich dir eben erzählt habe; ich bin da dabei gewesen, und es überkam mich, daß ich am liebsten nach allen Seiten ausgeschlagen hätte, um mich dann auf dem Boden zu wälzen wie ein Verrückter. Vielleicht ist es heute genauso. Ja, große Gala! Hast du den Kutscher gesehen, wie auch der sich herausgeputzt hat? Und dann sind auch die Diener dabei, die Fackelträger. Sag, bist du geruchsanfällig?”

“Ich verstehe nicht.”

“Na, hör mal, ob du leicht scheu wirst. Denn du wirst gleich sehen, die brennenden Kerzen, die halten sie dir direkt unter die Nase… Sachte, hee… sachte! Was ist denn in dich gefahren? Siehst du? Ein erster Riß am Zügel… Hat’s weh getan? Na, da wirst du heute noch einige davon einheimsen, das sag ich dir. Ja, was tust du denn? Bist du verrückt geworden? Streck doch den Hals nicht so heraus! (Na bravo, Schätzchen, willst du schwimmen? Spielst du Fingerzählen?). Halt doch still… Ja, siehst du? Da hast du noch ein paar… Hee, sag ich, paß auf, jetzt reißt er mich auch noch am Maul deinetwegen! Ja, der ist doch übergeschnappt! Gott, mein Gott, der ist tatsächlich übergeschnappt! Der prustet, wiehert, schnaubt, bäumt sich auf, was ist denn? Ja, sieh mal, was für ein Freudensprung. Der ist übergeschnappt! Total übergeschnappt! Tut doch glatt einen Freudensprung, während er einen Wagen erster Klasse zieht!”

Nero erschien tatsächlich wie übergeschnappt: er schnaubte, wieherte, stampfte, und zitterte am ganzen Leib. In höchster Eile mußten die Diener vom Wagen springen, um ihn vor dem Tor des Palais, vor dem sie halten solten, zum Stehen zu bringen, inmitten einer prächtig herausgeputzten Menschenmenge in langen Röcken und Zylinderhüten.

“Was ist da los?”, riefen die Leute von allen Seiten. “Oh, sieh doch, eines der Pferde des Leichenwagens scheut!”

Und alle umringten in hellem Aufruhr den Wagen, neugierig, verwundert, entsetzt. Den Dienern gelang es noch immer nicht, Nero zu beruhigen. Der Kutscher war aufgesprungen und zerrte wütend an den Zügeln. Vergeblich. Nero fuhr fort zu stampfen und zu wiehern, er wimmerte, den Kopf gegen das Portal des Palais gewandt.

Er beruhigte sich erst, als aus diesem Portal ein alter Diener in Livrée herauskam, der die Bestattungsangestellten beiseiteschob, ihn am Zügel packte und sogleich, kaum daß er ihn erkannt hatte, mit Tränen in den Augen ausrief:

“Aber das ist ja Nero! Das ist Nero! Ach, mein armer Nero, kein Wunder, daß du dich so aufführst! Das Pferd der Gnädigen Frau! Das Pferd der armen Fürstin! Es hat ihr Palais wiedererkannt, es riecht den Geruch seines Stalles. Armer Nero, armer Nero… brav, brav… so, siehst du? Ich bin’s ja, dein alter Giuseppe. Sei schön brav, ja… Armer Nero, gerade du mußt sie fahren, siehst du: deine Herrin. Du mußt es tun, mein Armer, der du dich noch an sie erinnerst. Aber sie wird sich freuen, daß du sie auf ihrem letzten Weg ziehst.”

Dann wandte er sich an den Kutscher, der, außer sich über den schlechten Eindruck, den sein Bestattungsunternehmen vor all diesen Herrschaften machte, weiterhin wütend an den Zügeln riß und mit der Peitsche drohte, und rief ihm zu: “Schluß jetzt! Hör auf! Ich halte ihn schon zurück. Er ist ja sanft wie ein Lamm. Setz dich hin. Ich werde ihn während der ganzen Fahrt führen. Gehen wir miteinander, was, Nero? Unsere gute Gnädige Frau abliefern. Schön sachte, wie gewohnt, was? Und du wirst brav sein, um ihr nicht weh zu tun, armer alter Nero, der du dich noch an sie erinnerst. Sie haben sie schon in der Kiste eingeschlossen. Jeden Moment werden sie sie heruntertragen.

Fofo, der auf der anderen Seite der Deichsel lauschte, warf an dieser Stelle die verblüffte Frage ein:

“Im Sarg liegt deine Herrin?”

Nero versetzte ihm einen Huftritt von der Seite.

Aber Fofo war zu sehr in seine neue Erkenntnis versunken, um ihm das übel zu nehmen.

“Ja, dann”, fuhr er, zu sich selbst gewandt, fort: “Ja, dann also tun wir… sieh mal, sieh mal an… ich wollte es doch gleich schon sagen… Dieser Alte weint; so viele andere habe ich schon weinen gesehen, bei anderen Gelegenheiten… und so viele erschrockene Gesichter… und diese traurige Musik. Jetzt begreife ich alles, alles begreife ich… Deshalb ist also unser Dienst so langsam! Nur wenn die Menschen weinen, können wir fröhlich sein und uns erholen…”

Und er hatte gute Lust, nun seinerseits einen Freudensprung zu tun.

© Michael Rössner.

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